Bedeutung ökologischer Strukturen im Offenland
Inwieweit können kleinräumige ökologische Strukturen die Artenvielfalt im intensiv genutzten Offenland der Schweiz fördern? Die Studie zeigt, dass Gehölze und Kleingewässer zusammen mit BFF2-Flächen UZL-Arten im Berner und Solothurner Offenland fördern.
Beitrag
Beispiel
Kantone BE/SO
Februar 2025
Ausgangslage
Im landwirtschaftlich geprägten Offenland der Schweiz wurden viele strukturreiche Elemente wie Hecken, Sträucher oder Feuchtgebiete systematisch entfernt. Auch Waldränder und Fliessgewässer wurden begradigt (BAFU und BLW 2008). Für viele Ziel- und Leitarten gemäss den Umweltzielen Landwirtschaft (UZL-Arten) sind diese ökologischen Strukturen im Offenland jedoch essenziell. Ihr Vorkommen hängt heute von der gezielten Förderung der kleinräumigen Lebensraumvielfalt ab. Es fehlt an ökologischen Strukturen und Flächen mit hoher Qualität. Diese Flächen sind entscheidend, um die Biodiversität zu erhalten (Walter et al. 2013). Die erforderliche Ausdehnung solcher Flächen wird von der Talzone bis zur Bergzone II deutlich unterschritten (BAFU und BLW 2016).
Methode
Analysiert wurde das Offenland in Bern und Solothurn bis zur Bergzone II, ohne Siedlungen. Daten zu UZL-Arten (Tagfalter, Brutvögel, Gefässpflanzen) von 2000–2021 stammen von InfoSpecies.
Als ökologische Strukturen gelten alle Gehölze (abgeleitet aus dem Vegetations-Höhenmodells NFI Ginzler 2021), aufgewertete Waldränder, kleine Stehgewässer (unter 5'000 m²) sowie oberirdische Fliess- und Nebengewässer.
Der Anteil ökologischer Strukturen und BFF2-Flächen wurde pro Quadratkilometer berechnet. Der Einfluss dieser Anteile auf die Artenzahlen wurde mit einer statistischen Methode (GLMMs) analysiert, die Fehler und Abweichungen berücksichtigt.
Strukturreiche Landschaften beherbergen mehr Arten
Der Anteil ökologischer Strukturen im Offenland ist positiv mit der Vielfalt der UZL-Arten verbunden ist. Dieser Effekt wurde bei allen untersuchten Organismengruppen wie Gefässpflanzen, Tagfaltern und Vögel gefunden, wobei der Effekt bei mobilen Arten wie Vögel schwächer ausgeprägt war.
Diese Ergebnisse sind nicht neu. Ökologischen Strukturen einer Landschaft stehen direkt mit der Anzahl der dort vorkommenden Arten in Verbindung (Guntern et al. 2020). Es überrascht jedoch, wie deutlich der Zusammenhang in der vorliegenden Analyse zum Vorschein kommt, trotz des stark vereinfachten methodischen Ansatzes.
Die in die Analyse einbezogenen Daten zeigen nur einen Teil der tatsächlich vorhandenen ökologischen Strukturen. Krautsäume, Gräben, Lesesteinhaufen oder Asthaufen fehlen beispielsweise. Auch die Qualität der erfassten Strukturen wurde nicht berücksichtigt. Wir vermuten, dass die Bedeutung ökologischer Strukturen in den untersuchten Landschaften der Kantone Bern und Solothurn sogar unterschätzt wird.
Kombination von Strukturen und Flächen bringt Mehrwert
Neben ökologischen Strukturen ist das Vorhandensein extensiv genutzter Biodiversitätsförderflächen mit Q2 (BFF2) entscheidend für verschiedene Artengruppen.
Tagfalter zeigen dies besonders deutlich. Der positive Einfluss der Strukturen auf die Artenzahl nahm zu, je höher der BFF2-Anteil im Offenland pro Quadratkilometer war. Ökologische Strukturen fördern demnach die UZL-Arten, wirken jedoch deutlich stärker in Kombination mit ökologisch wertvollen Lebensräumen.
Ökologische Strukturen im Talgebiet
Vor allem in nutzungs- oder naturraumbedingt strukturärmeren Landschaften der tiefen Lagen kann das Angebot an BFF Q2 einen Unterschied bewirken: die Kombination von ökologischen Strukturen und extensiv genutzter Fläche verstärkt den positiven Einfluss der Strukturen auf die Artenzahl von Gefässpflanzen. Dies ist von Bedeutung, da Gefässpflanzen ihrerseits Strukturen und Lebensräume für viele Tierarten schaffen. Die Förderung von ökologischen Strukturen in Kombination mit extensiv bewirtschafteten Biodiversitätsförderflächen mit Q2 und hochwertigen Lebensräumen kann also einen wichtigen Beitrag zur grossflächigen Förderung der Biodiversität im Offenland leisten.
Schlussfolgerungen für die Praxis
Das Potenzial im Berner und Solothurner Offenland ist längst nicht ausgeschöpft. In vielen Gebieten fehlen derzeit ökologische Strukturen, die jedoch auf kleinem Raum leicht umsetzbar sind. Sie lassen sich gut mit bestehenden BFF kombinieren. Es braucht attraktivere Anreize, die Bewirtschaftende finanziell entschädigen.
Quantitative Empfehlungen als Zielwerte für ökologische Strukturen lassen sich aus den vorliegenden Daten nicht ableiten. Dies ist auch deshalb nicht möglich, weil weitere Faktoren als die hier für Strukturen stellvertretend erfassten Gehölze und Kleingewässer die UZL-Artenvielfalt ebenfalls beeinflussen (naturräumlicher Kontext, Bewirtschaftung etc.). Trotzdem lässt sich zumindest für Gefässpflanzen und Tagfalter schlussfolgern, dass deren Artenvielfalt umso stärker gefördert wird, je reicher die Landschaften an Strukturen und extensiv bewirtschafteter Flächen sind.
Grundlegendes Dokument oder Quelle
Ökologische Strukturen im Offenland
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