10 | Diverse Themen rund um die ÖI

Vorschlag für Behandlung alpiner Räume in der ÖI-Planung

Der Alpenraum ist für die Schweiz aus ökologischer Sicht von grosser Bedeutung. Bisher wurden diese Gebiete in der ÖI-Planung erst ansatzweise behandelt. Hier ist ein Vorschlag für ein mögliches Vorgehen zu finden.

  Beitrag
Charakter
Beispiel
Raumbezug
Ganze Schweiz
Datum
Oktober 2024

  Inhaltsübersicht

Einleitung

Der Alpenraum besitzt für die Schweiz eine besonders hohe ökologische Bedeutung, da er zahlreichen seltenen Arten und empfindlichen Lebensräumen einen Rückzugsort bietet. Im Kanton Glarus liegen rund 44 % der Kantonsfläche oberhalb von 1800 m ü. M. In diesen hochgelegenen Gebieten befinden sich allerdings nur gerade 2.3 % der im Kanton erfassten Beobachtungsqualitäten gemäss InfoSpecies. Entsprechend ist die Datengrundlage sehr lückenhaft.

Ziel war es, mit der ÖI-Fachplanung im Kanton Glarus die wertvollen Naturräume im alpinen Gebiet trotzdem bestmöglich zu identifizieren. Ein besonderer Stellenwert wird den dynamischen und ökologisch besonders sensiblen Gletschervorfelder zugemessen.


Zielsetzung

Das Ziel bestand darin, die «schutzwürdigen alpinen Lebensräume» als einen zentralen Schwerpunktraum für die kantonale Fachplanung ÖI zu bezeichnen. Diese Gebiete werden vorläufig als eine Art «Vorsorgeperimeter» geführt, da die konkrete Umsetzung noch in Diskussion ist.

Für die Abgrenzung wurde bewusst ein möglichst flächendeckender Ansatz gewählt. Die vorhandene Datenbasis ist für einen artenfokussierten Ansatz – etwa zur Identifikation von «Arten-Hotspots» – zu lückenhaft.

Die Definition der «schutzwürdigen alpinen Lebensräume» orientiert sich an Anhang 1 der NHV («Liste der schützenswerten Lebensraumtypen»). Intensiv genutzte Flächen etwa durch Alpwirtschaft oder touristische Infrastrukturen wurden ausgeschlossen. Als Höhenkriterium galt eine Lage oberhalb von 1900 m ü. M. Eine Überlagerung mit einzelnen kantonalen oder kommunalen Schutzgebieten anderer Teilebenen der ÖI wurde als zulässig erachtet – insbesondere mit einzelnen Flachmooren (FM) oder Trockenwiesen und -weiden (TWW).


Vorgehensweise

  • Als zentrale Basis wurde die Lebensraumkarte der WSL verwendet. Vor deren Verwendung wurde anhand einige weniger Stichprobengebiete deren Überstimmung mit bereits vorhanden Lebensraumkartierung in Zusammenhang mit anderen Projekten überprüft. Dabei zeigte sich eine recht gute Repräsentativität bzgl. der meisten Lebensraumtypen.
  • Verwendet wurden folgende Kategorien:
    2.1 Ufer mit Vegetation / 2.2 Flachmoore / 2.3 Feuchtwiesen / 2.4 Hochmoore / 3.3 Steinschutt- und Geröllfluren / 4.1 Pionierfluren auf Felsböden / 4.2 Wärme-lieb. Trockenrasen / 4.3 Gebirgsmagerrasen / 4.4 Schneetälchen / 6.1 Auenwälder / 6.5 Hochmoorwälder
  • Ausserdem wurden aus kantonalen Daten alpine Auenobjekte plus alpine Pflanzenschutzgebiete einbezogen.
  • Ausserdem wurde die Abgrenzung der seit 1973 neu entstandenen Gletschervorfelder einbezogen. Deren Ausdehnung wurde mittels Differenz der Gletscherausdehnung zwischen 2016 und 1973 ermittelt. Zusätzlich fanden im Kanton Glarus in den letzten 3 Jahren Erhebungen zu mehreren neu entstandenen Gletschervorfelder statt. Deren Erkenntnisse sind hier ebenfalls mit eingeflossen.
  • Die Sömmerungsgebiete wurden generell ausgeklammert, ausser denjenigen Flächen, zu denen Belege von ökologisch wertvollen Pflanzenbeständen vorlagen. Hierzu wurden im Kanton Glarus in den vergangenen Jahren Hochlagenkartierungen durchgeführt, die allerdings noch nicht alle Alpgebiete abdecken.
  • Touristische Intensivnutzungsgebiete gemäss Richtplan wurden ebenfalls ausgeklammert.
  • Die oberhalb von 1900 m ü. M. liegenden Gebiete von Eidgenössischen Jagdbanngebieten wurden ausgeklammert, da hierzu im Kanton Glarus eine separate Abgrenzung einer Teilebene vorliegt.


Erste Ergebnisse

Mit diesem Vorgehen wurde eine Arbeitsversion zur Abgrenzung der schutzwürdigen alpinen Räume für die ÖI-Fachplanung des Kantons Glarus erstellt. Deren Fläche beträgt rund 8000 ha, was etwa 12% der Kantonsfläche entspricht. Das Ergebnis der oben dargestellten Datenzusammenstellung wurde anschliessend noch leicht geometrisch bereinigt, um etwa isoliert Kleinstflächen sowie kleine Löcher zu entfernen. Der resultierende Perimeter wurde auf eine Lage oberhalb von 1900 m ü.M. begrenzt und umfasst nur grössere zusammenhängende Flächen (> 50ha).

Bild
Abb. 1: Arbeitsversion der Abgrenzung schutzwürdiger alpiner Räume als Teil der ÖI-Fachplanung des Kantons Glarus.

Lücken und Pendenzen

Die Aussagesicherheit der WSL-Lebensraumkarte lässt sich noch verbessern; entsprechende Weiterentwicklungen und neue Versionen sind bereits in Arbeit. Zusätzlich ist allenfalls geplant, die Hochlagenkartierung im Kanton Glarus auszuweiten, um die Datengrundlage insbesondere im alpinen Raum zu verfeinern.

Derzeit sind keine verbindlichen Aussagen zur Qualität einzelner Teilflächen möglich. Ein Einbezug von Artdaten könnte hier wertvolle Hinweise liefern und die ökologische Aussagekraft erhöhen. Aber diese Datenbasis ist erst im Aufbau. Parallel dazu entwickelt sich auch die Fernerkundung stetig weiter, was künftig präzisere und umfassendere Auswertungen ermöglichen wird.


Fazit und Ausblick

Es gab insgesamt ein positives Echo darauf, dass die alpinen Räume in die ÖI-Fachplanung des Kantons Glarus einbezogen wurden. Die gewählte Abgrenzung wird als grundsätzlich sinnvoll und gut nachvollziehbar beurteilt, auch wenn klar ist, dass es sich hierbei erst um eine Annäherung handelt.

Offen bleibt jedoch die Frage, wie die Vernetzung der alpinen Räume untereinander sichergestellt werden kann. Ebenso pendent ist die Betrachtung von unzerschnittenen bzw. störungsarmen Gebieten. Diese Thematik müsste kantonsübergreifend angegangen werden – insbesondere stellt sich dabei die Frage, wie mit grossflächigen Schutt- und Felsarealen umzugehen ist, die ökologisch zwar bedeutend sein können, aber oft schwer einzuordnen sind.

Auch die konkrete Umsetzung als Vorsorgeperimeter ist noch offen und bedarf weiterer Klärung.



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