07 | ÖI im Wald

Fachplanung ÖI und Förderprogramme Biodiversität im Wald: Methodische Unterschiede und Gemeinsamkeiten, Integration

Die kantonalen Fachplanungen ÖI haben den Anspruch, eine sektorübergreifende Planung zu sein. Im Wald setzen Bund und Kantone mit der Programmvereinbarung (PV) Wald bereits Massnahmen zur Waldbiodiversität um. In Folge wird gezeigt, wie die Inhalte der Fachplanungen in die bestehenden Waldbiodiversitätsprogramme integriert werden können und wo noch Handlungsbedarf besteht.

  Beitrag
Charakter
Arbeitsvorschlag
Raumbezug
Ganze Schweiz
Datum
Mai 2023

Programme Waldbiodiversität

Der Bund setzt mit der Programmvereinbarung (PV) Wald Massnahmen zur Waldbiodiversität um. Diese Massnahmen für die Waldbiodiversität wer-den in zwei Programmziele, Prozessschutz sowie Arten- und Lebensraumschutz, aufgeteilt. In den Kantonen sind kantonale Programme resp. Konzepte zur Förderung der Waldbiodiversität etabliert. Als Grundlagen dienen Waldinventare, Waldstandortkartierungen (nicht in allen Kantonen bzw. flächendeckend) und satellitenbasierte Grundlagen. Die Ziele zur Waldbiodiversität geben u.a. die Waldreservatspolitik (BUWAL 2001), Waldpolitik 2020 (BAFU 2013) und Imesch et al. (2015). Diese Ziele können kantonal verfeinert und in die eigenen Strategien und Konzepte aufgenommen werden. Die Umsetzung läuft mittels zeitlich begrenzter Vereinbarungen.

Abbildung 1
Abb. 1: Massnahmen Waldbiodiversität gemäss der Programmvereinbarung Wald (Grafik: Hintermann & Weber).

Fachplanung ÖI im Wald

Gemäss der BAFU-Arbeitshilfe müssen die kantonalen Fachplanungen minimal vier zu planende Teilebenen enthalten – feuchte, trockene, mosaikartige Lebensräume und Landschaftsverbindungen. Die ersten drei genannten Teilebenen beziehen sich auf die Perspektive Lebensräume, die Teilebene Landschaftsverbindung verfolgt einen Landschaftsansatz und ist methodisch nicht vergleichbar. Innerhalb der Teilebenen Trocken-, Feucht- und Mosaiklebensräume gibt es verschiedene prioritäre Gilden von InfoSpecies, welche sich auf trockene, mittlere und feuchte Standorte im Wald beziehen.

Abbildung 2
Abb. 2: Lebensraumkategorien pro Gilde (nur Wald), zusammengefasst in einem Ökogramm (Grafik: Hintermann & Weber).

In der Teilebene Mosaiklebensräume bzw. auf mittleren Waldstandorten, welche den grössten Anteil der Waldstandorte in der Schweiz ausmachen, bezieht sich aber nur die Gilde 25 mit den vielfältigen Kulturlandschaften ansatzweise noch auf Waldlebensräume. Die Gilden Nr. 17 (Laubwälder) und 18 / 19 (Gebirgswälder) sind gemäss Arbeitshilfe BAFU nicht prioritär in den Fachplanungen ÖI zu bearbeiten. Für die im Rahmen der Programmvereinbarung Waldbiodiversität genannten Massnahmen (Waldränder, Waldreservate, Mittelwälder, etc.) gibt es keine entsprechenden Gilden InfoSpecies, weil es sich um keine eigentliche Lebensraumtypen sondern um durch Bewirtschaftung (oder Nutzungsverzicht) geprägte Lebensräume handelt.

Gemäss folgendem Vorschlag können die Vereinbarungsflächen im Wald mit Walbiodiversitätsmassnahmen in die Teilebenen der ÖI eingefügt werden können.

Abbildung 3
Abb. 3: Beispiel der Fachplanung ÖI der Kantone Bern & Solothurn. Zuordnung der Lebensräume / Massnahmen Waldbiodiversität nach Teilebenen (Grafik: Hintermann & Weber).

Schnittstellen zwischen den Programmen Waldbiodiversität und der Fachplanung ÖI

Die Fachplanungen ÖI gehen so vor, dass sie den Ist-Zustand und Soll-Zustand in den Kern- und Vernetzungsgebieten und den Schwerpunkträumen analysiert, was auch auf Lebensräume im Wald übertragen werden kann. Die Zuordnung der Grundlagen gemäss Abbildung 4 wird für alle Teilebenen Trocken-, Feucht- und Mosaiklebensräume gemacht, sofern dies die Grundlagen zulassen.

Abbildung 4
Abb. 4: Vorschlag zur Zuordnung der für die Biodiversität im Wald relevanten Grundlagen in die ÖI-Fachplanung, Bsp. stammen aus dem Kanton Bern und Solothurn. Rot = Ist-Zustand (heutiger Bestand), orange = Soll-Zustand (Planungsebene, Ziele der ÖI) (Grafik: Hintermann & Weber).

Die Chancen und Herausforderungen der Fachplanung ÖI im Wald

  • Eine sektorübergreifende Sicht bietet die Chance, dass die ÖI nicht an der Waldgrenze aufhört und die Vernetzung Wald – Offenland gestärkt wird. Es fehlen heute jedoch die raumplanerischen Instrumente, die diese Integration umsetzen.
  • Die ÖI legt Wert auf die Funktionalität (Grösse, Qualität, räumliche Anordnung von Lebensräumen). Dies bedingt, dass entsprechende Grundlagen vorhanden sind, wie pflanzensoziologische Kartierungen, Inventare, etc.
  • Die ÖI denkt in «Teilebenen». In den bisherigen forstlichen Planungsinstrumenten wird nicht mit Teilebenen gearbeitet, was eine «Übersetzung» erschwert.
  • Die ÖI bringt neue Flächenziele und weist Potenziale und Defizite aus. Der Flächenbedarf ist nur für einzelne Gilden zur Verfügung gestellt. Für die meisten Waldbiodiversitäts-Massnahmen fehlen Flächenziele nach InfoSpecies. Es stellt sich die Frage, ob es das Ziel der ÖI ist, die bisher bestehenden Handlungsziele zu verwenden und abzugleichen.
  • Bei der Umsetzung wird die Chance vor allem bei den Schlüsselpersonen gesehen, mit den Förster:innen, welche über ein grosses Knowhow verfügen. Die Herausforderung ist die ungeklärte Verantwortlichkeit und Kommunikation zwischen den Waldverantwortlichen und dem Naturschutz.


Fazit und Ausblick auf die Umsetzung

Generell: Die ÖI bringt einen sektorübergreifender Ansatz mit, denkt in Teilebenen, legt Wert auf Funkionalität und weist einen Flächenbedarf aus. Die Fachplanungen ÖI sind mit den Programmen Waldbiodiversität vereinbar und kompatibel.

Für die Fachplanung ÖI: es kann gefolgert werden, dass es keine separate Teilebene Wald benötigt. Durch Bewirtschaftung geprägte Waldtypen können der Teilebene Mosaik zugeordnet werden und die Handlungsziele Waldbiodiversität dienen als erste Grundlage. Offene Fragen bestehen beim Umgang mit limitierten oder fehlenden Grundlagen (Arten, Lebensräumen) und Teilebenen (z.B. Gebirge). Es ist offen, ob es eine explizite Ableitung der Flächenziele von InfoSpecies für den Wald braucht. Ausstehend sind zudem sektorübergreifende Förderinstrumente für die Umsetzung (z.B. Wald – Landwirtschaft; Wald – Gewässer).

Für die Programme Waldbiodiversität: die Sicht der Funktionalität soll in den bestehenden Waldbiodiversitätskonzepten stärker berücksichtigt werden. Dazu kann z.B. der Flächenbedarf von InfoSpecies mit den Handlungszielen Waldbiodiversität abgeglichen und die bestehenden Programme Waldbiodiversität punktuell ergänzt werden.

Ausblick auf die Umsetzung

Folgende drei Punkte sind bei der Umsetzung mitzudenken:

  • Eine gute Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen der Fachplanung ÖI und den kantonalen Programmen Waldbiodiversität ist wichtig, ebenso bei der Massnahmenplanung mit den Waldbesitzenden und Waldbewirtschaftenden vor Ort.
  • Es ist zu klären, welche Massnahmen in den Programmvereinbarungen Naturschutz oder Programmvereinbarungen Wald zu regeln sind.
  • Als mögliches Vorgehen zur Verankerung der ÖI im Wald wird vorgeschlagen: Die Fachplanung ÖI liefert Grundlagen für den Waldentwicklungsplan (WEP), dieser legt anschliessend die Umsetzung fest. Hier besteht die genannte Herausforderung der fachlichen «Übersetzung».

Grundlegendes Dokument oder Quelle

  Inputpräsentation Review OIK Wald vom 26. Mai 2023.
Im Rahmen des Projektes Koordination sowie Wissens- und Datenmanagement kant. Fachplanungen «ÖIK I CIE».
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